30. Holzbau-Statiker-Stammtisch – Jubiläumsstammtisch am 14. März 2024 in Graz
„Rückbaubarkeit im Holzbau – was bedeutet Demontierbarkeit und Trennbarkeit für die Statik?“
Am Donnerstag, dem 14. März 2024, fand der 30. Holzbau-Statiker-Stammtisch in Form des Jubiläumsstammtisches in der Kammer für Ziviltechniker:innen für Steiermark und Kärnten in der Schönaugasse in Graz statt.
Aufgrund von aktuellen Entwicklungen sowie künftiger gesetzlicher Vorgaben auf europäischer sowie nationaler Ebene wurde bei diesem Stammtisch das Thema Rückbaubarkeit im Holzbau ins Zentrum der Vorträge und Diskussion gestellt.
Mit 38 Teilnehmer:innen aus dem Fachbereich Statik und Tragwerksplanung aus allen Facetten der Planung und Ausführung des Holzbaus konnte wieder eine sehr interessante, vielseitige und vor allem so wichtige interdisziplinäre Fach-Diskussion zu diesem Zukunftsthema geführt werden.
Nach der Begrüßung und dem Rückblick startete der fachliche Teil des Stammtisches mit einem Einführungsvortrag ins Thema durch DI Dr. Jörg Koppelhuber mit dem Titel: „Rückbaubarkeit im Holzbau – aktuelle Entwicklungen aufgrund künftiger gesetzlicher Vorgaben“. Dieser Vortrag führte die Teilnehmer:innen ins Thema aufgrund eines aktuellen Projektes im Büro KOPPELHUBER² und Partner ein. Dabei wird zur Zeit bis Ende 2024 durch die Normenkoordinationsstelle des Fachverbandes der Holzindustrie Österreich ein breit angelegtes Projekt zum Thema zum Rückbau und Wiederverwendung im Holzbau durch die HFA, das IBO und die BOKU sowie das Büro KOPPELHUBER abgewickelt. Dieses erstellt mit weiteren Experten des Holzbaus einen Praktiker-Leitfaden mit dem Titel: „Rückbauorientiertes Planen und Bauen im Holzbau“, welcher im Herbst 2024 als Hilfestellung für Planer:innen des Holzbaus in der Bewertung rückbaugeeigneter Holzhochbaukonstruktionen, Aufbauten und Anschlüsse erscheinen wird. Dabei wird das Thema Demontierbarkeit und Trennbarkeit im Vordergrund stehen.
Der nächste Vortrag bei Stammtisch wurde durch DI Gernot Pirnbacher vom ZT-Büro Wörle Sparowitz Ingenieure aus Graz gehalten, welcher den Titel trug: „Rückbau, Verstärkung und Wiederaufbau im Holzbau am Beispiel der Messehalle Graz“. Die Präsentation zeigte den Rückbau der denkmalgeschützten Messehalle 11 in Graz aus dem Jahr 1939 , welche aufgrund eines großen Neubaus (Halle A) am Messegelände in Graz abgebaut, zwischengelagert und mit statischen Verstärkungen versehen 2006 wieder neu errichtet wurde. Das Interessante im Bezug zum Thema Rückbaubarkeit ist der Umstand, dass das vor 60 Jahren für lediglich 10 Jahre angedachte Provisorium mit relativ einfach lösbaren Knotenverbindungen konstruiert wurde, was die Demontierbarkeit trotz des Alters deutlich erleichterte. Eine vollumfängliche Dokumentation sowie umfassende Probenentnahme zur Feststellung der Tragfähigkeit ermöglichet den Wiederaufbau der Fachwerkkonstruktion mit einigen stahlbaumäßigen Verstärkungsmaßnahmen und Zugbändern, um den aktuellen Lastannahmen auf normativer Ebene zu entsprechen.
In einem weiteren Vortrag wurde das Thema Demontierbarkeit im Holzbau in herausragenden und aktuellen Projekten sehr gut veranschaulicht. DI Kurt Pock vom gleichnamigen ZT-Büro aus Klagenfurt hielt dem Fachpublikum einen Vortrag mit dem Titel: „RB Energy Station – das Holzhaus, die mobile Herausforderung“. Da wurden die energy station der Moto GP von Red Bull im Detail vorgestellt. Das architektonisch sehr ansprechende, aber vor allem im Holzbau ausgefeilte Bauwerk wird im Laufe eines Jahres mehrfach aufgebaut, für einige wenige Tage genutzt und wieder abgebaut, zerlegt und an anderer Stelle des Motorsportzirkusses in Europa wieder aufgebaut. Das ausgefeilte Konzept des Holzbaus bzw. des Tragwerkes ist bis ins letzte Detail ausgefeilt als Bausatz verfügbar, damit es in vorab kalkulierbarer Zeit normgemäß, wasserdicht aber vor allem ästhetisch ansprechend jedes Jahr viele Male auf- und abgebaut werden kann. Der Vortrag zeigte einerseits, dass das Thema der Handzeichnung im Detail für eine Veranschaulichung zu Beginn des Planungsbeginns eine absolut notwendige Voraussetzung als Sprache des Ingenieurs mit seinen Kolleg:innen aber auch dem Bauherrn ist. Andererseits ist damit auch die Demontierbarkeit und Trennbarkeit in einer Art und weise relativ einfach darstellt, welche erst zu einem viel späteren Zeitpunkt in Form von 3D-Berechnungen und komplexen 3D-Darstellungen zu einem Zeitpunkt, wenn bereits die meisten maßgeblichen Entscheidungen getroffen wurden, notwendig macht. Eindrucksvolle Bilder und Erzählungen über den minutiös geplanten Ablauf des Auf- und Abbaus sowie die Darstellung von Folgeprojekten ähnlicher Struktur und Herangehensweise im internationale Motorsportzirkusses rundeten diesen Vortrag ab.
Die unterschiedlichen Vorträge boten nicht nur Einblicke in das Thema Demontierbarkeit im Holzbau auf unterschiedlicher Ebene sowie in eine vorbildliche interdisziplinäre Zusammenarbeit in Holzbau-Projekten, sondern regten auch zu intensiven Diskussionen, aber auch Interpretationen an. Es zeigte sich auch aufgrund der Beiträge in der Diskussion, dass der Entwicklungsbedarf im Thema Demontierbarkeit und Trennbarkeit bspw. statischer Verbindungen – Stichwort das Herausschrauben von konstruktiven Holzbauschrauben – aber auch das Thema Entfernung von Verklebungen bspw. bei Folien ein sehr großer ist und in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen wird. Einige erste Schritte im Thema Zerlegbarkeit werden von der Industrie bereits gesetzt, zahlreiche Hersteller werden aufgrund künftiger gesetzlicher Vorgaben folgen müssen.
Der regen Beteiligung der Teilnehmer:innen folgte wie üblich ein informeller Austausch beim Buffett, welches den Abend in einer angenehmen Atmosphäre abschloss. Der Stammtisch erwies sich erneut als sehr wichtige Plattform für die Vernetzung von Expertinnen und Experten auf Praktikerebene sowie den Wissensaustausch im Bereich des Holzbaus auf hohem Niveau.
Was ist der Holzbaustatiker-Stammtisch?
Der Holzbau-Statiker-Stammtisch wurde im Jahr 2011 in der Steiermark – damals unter der Führung des Holzcluster Steiermark, später proHolz Steiermark – als Informations- und Austauschplattform für Holzbau Statiker:innen und Tragwerksplaner:innen des Holzbaus ins Leben gerufen. Nach dem Motto „Aus der Praxis – für die Praxis“ treffen sich die (fast ausschließlich) im Holzbau tätigen Tragwerksplaner:innen aus ganz Österreich – d.h. ausschließlich Ziviltechniker:innen sowie Statiker:innen produzierender und/oder ausführender Unternehmen der Holzbranche – in regelmäßigen Abständen 2 bis 3 x pro Jahr an unterschiedlichen Standorten in Österreich und tauschen sich zu verschiedenen Themen der Holzbau-Statik auf sehr hohem und vor allem praxisnahen Niveau aus.
Am mittlerweile durch die österreichische Holzbauplattform bzw. dem Fachverband der Holzindustrie veranstalteten und seit Beginn an durch Jörg Koppelhuber und Helmut Stingl durchgeführten Holzbau-Statiker-Stammtisch nehmen im Durchschnitt 30 bis 40 Personen teil, welche einerseits durch Inputvorträge Neues im Bereich der Normung, Statik und Detail- sowie Materialentwicklung erfahren, aber vor allem durch intensive Diskussionen und Inputs aus den eigenen Büros und produzierenden (ausführenden) Unternehmen der Holzbranche das immer größer und komplexer werdende Themenfeld der Holzbaukonstruktion in all seinen Facetten beleuchten, diskutieren und gemeinsam weiter entwickeln. Zahleiche sehr fachspezifische holzbauliche Themen wurden in der Vergangenheit bereits erörtert und damit der Erfahrungsaustausch gefördert. Viele weitere Stammtische mit visionären sowie alltäglichen Herausforderungen werden noch durch die Gemeinschaft der Holzbau-Statiker:innen die Aktualität des Holzbaus herausstreichen.
Für weitere Informationen zum Holzbaustatiker-Stammtisch oder eine Übersicht der bisherigen Themen kontaktieren Sie uns gerne unter office@koppelhuber-partner.at